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Die Zukunft des Arbeitsmarktes

Autor: Michael Czarniecki 3. Januar 2017

Wie können Chancen im zukünftigen Arbeitsmarkt genutzt werden?

Dieser Artikel beantwortet folgende Fragen:

• Wie soll Bildung für zukünftige Arbeitsmärkte gestaltet werden?

• Wieso ist Digitalisierung eine Chance und nicht eine Gefahr für Arbeitsmärkte?

• Empfehlungen an Arbeitsmarktteilnehmer.

• Ist Adam Smith’s Konzept der Arbeitsteilung veraltet?

 

Arbeitsmarkt: Gestern und heute

Vor 20‘000 Jahren arbeiteten unsere Vorfahren im Durchschnitt 20 Stunden wöchentlich (Sahlins, 1974). Das Motto des prähistorischen Arbeitsmarktes war: „Nach der Jagd, lasst uns etwas ruhen.“ Heute sind wir engagierter. 

 

Das Motto der heutigen jungen Generation in Bezug auf den Arbeitsmarkt lautet aber: „Mein Studentenleben ist toll – aber was mache ich später?“ „Erhalte ich den Traumberuf, welcher mir mit meinem Studium versprochen wird?“ Falls nein - was für Einige Realität ist - nähere ich mich in Puncto Arbeitszeit dem steinzeitlichen Durchschnitt? Oder arbeitete ich gefrustet in einem Beruf, für den ich nicht ausgebildet bin und der mir nicht gefällt?

 

Für die Glücklichen dagegen, die ihren Traumberuf bekommen haben: Sie nähern sich schnell dem neuzeitlichen Arbeitspensum an.  Sie arbeiten lange und verdienen entsprechend viel. Haben wir heute ein neues Motto? „Talente werden geschröpft. Der Rest zu den Löwen!“

 

 

Abb. 1: „Hör zu, Ug, der Zaubermann sagte mir, meine Grossgross-Enkel werden überhaupt nicht mehr arbeiten müssen.“ – „Den meinen versprach er ein grosses Einkommen, aber keine Zeit.“

 

Was geht hier vor?

Eine nützliche Theorie, welche dieses Phänomen zu erklären versucht, wurde von Rosen (1981) vorgeschlagen. Rosen beobachtete in gewissen Märkten (z. B. dem Musikmarkt) eine grosse Diskrepanz beim Verdienst zwischen Marktteilnehmern. Einige Musiker verdienten sehr viel (Kurt Cobain und seine exzellent gestimmte Gitarre), andere gute Musiker dagegen nur etwas Wechselgeld als arme Strassenmusikanten in vergessenen Hinterhöfen. Er schlug den Begriff „Superstar-Märkte“ vor. 

 

Gemäss Rosen existieren Superstar-Märkte, wenn eine Kommunikationstechnologie einigen talentierten Personen es erlaubt, den ganzen Markt zu bedienen, ohne zusätzliche Kosten tragen zu müssen. Jeder kann Kurt hören ohne andere Grunge-Fans davon abzuhalten. So ist es Kurt möglich, eine sehr viel grössere Menge an Musik zu verkaufen als diejenige des armen Geigenspielers. Kurt wird reich. 

 

 

Abb. 2: Eine aus einer Menge.

 

 

Gemäss Rosen ermöglichen Kommunikationstechnologien einem Marktteilnehmer den ganzen Markt zu dominieren, auch wenn andere ebenfalls talentierte Personen in diesem Markt teilnehmen. Der Gewinner nimmt sich alles, weil er sein Talent multiplizieren kann, ohne zusätzliche Kosten zu tragen. Ein Konzert jedes Mal von Neuem zu geben ist teuer und zeitaufwendig. CD’s kopieren ist dagegen sehr viel günstiger. Und einen Streaming-Service zu nutzen kostet den Anbieter (d.h. Musikproduzenten) überhaupt nichts - und die Konsumenten zahlen nach wie vor den Preis. 

 

Der Trend der Superstarifizierung (bitte entschuldigen Sie dieses schreckliche Wort) betrifft die Musikindustrie schon seit einigen Jahrzehnten (daher der Artikel von Rosen aus 80ern). Wenn aber Kommunikationstechnologien in anderen Branchen Fuss fassen, kann (gemäss Brynjolfsson & McAfee, 2014) das gleiche Phänomen auch dort seine Wirkung entfalten. Ein Dozierender kann plötzlich Tausende von Studierenden gleichzeitig unterrichten, ohne das die Studierenden in überfüllten Hörsälen sitzen müssen. Vor die Auswahl gestellt, werden die Studierenden den besten Dozierenden für ihren Unterricht auswählen. Dieser Trend wird in Zukunft verstärkt werden, wenn „Augmented Reality“ kombiniert mit fortschrittlicher Robotik im Alltag Fuss fasst. Es ist sehr schwer zu prognostizieren, was passieren kann, wenn Ihr persönlicher Doktor sehr weit entfernt sitzt und eine entsprechende Diagnose (bzw. mit den nun zur Verfügung stehenden "Big Data" eine "Prognose") stellt– weil er der Beste ist, um diese Diagnose zustellen. Ist dieser Trend nicht ein Aufruf zur gesellschaftlichen Revolte? Werden die Ärzte, die nicht die besten ihrer Klasse sind, um ihren Status kämpfen müssen? So wie es die Taxifahrer heute gegen Uber tun? Je breiter sich dieser Trend entwickelt, desto mehr Leute wird er treffen. Werden die meisten von uns zukünftig zu armen Geigenspielern? 

Abb. 3: Nur ein Klempner – der bestaussehende – für alle. 

 

Mit eigenen Waffen zurückschlagen

Wenn Sie nun festgestellt haben, dass dieser Trend Sie betreffenkönnte, was wäre zu tun? Die gute Nachricht ist, dass Kommunikationstechnologien, welche den Trend in erster Linie ausgelöst haben, ebenfalls die Mittel für eine angemessene Reaktion liefern. Kommunikationstechnologien führen nicht nur zu einer verzerrten Einkommensverteilung, sondern auch zu geringeren Kosten für Dienstleistungen, welche früher teuer waren – wie zum Beispiel Ausbildung. Für jeden von uns (Musiker, Flüchtling, Amerikaner und Kirgise) ist bereits heute die beste Ausbildung der Welt (!!) einige wenige Klicks via MOOCs (massive open online courses) erhältlich. MOOCs sind Online-Kurse, bei denen ein Superstar-Dozierender Tausende von Studierenden gratis weiterbildet. So sind die Superstars von morgen diejenigen Leute, welche diese Möglichkeiten nutzen können. Wollen Sie auf dem Arbeitsmarkt erfolgreich sein, dann können Sie den Pfad solcher Superstars wie Kurt Cobain in folgende drei Schritte unterteilen und diese drei Schritte auf Ihre eigene Laufbahn anwenden:

a) Finden Sie Ihr Publikum.

b) Rüsten Sie sich mit den nötigen Ressourcen aus, um ein Bedürfnis des Publikums zu befriedigen.

c) Skalieren Sie die Dienstleistung oder das Produkt mit ICT.

 

 … das alles ist einfacher gesagt als getan. 

 

 

Was müssen Sie tun?

a) Finden Sie Ihr Publikum

Es ist ein guter Anfang die Probleme zu kennen, mit welchen sich Unternehmen (also Arbeitgeber) auseinandersetzen. Wenn Sie ein Problem lösen wollen, dann befriedigen Sie ein Bedürfnis einer Unternehmung. Vielleicht können Sie das Problem von Frau Müller der hypothetischen Müller AG lösen. Aber zurzeit kennt weder Frau Müller Ihr Problemlösungspotential, noch kennen Sie Frau Müller. Ganz zu schweigen von den Spezifikationen ihres Problems. 

 

Gehen Sie raus und suchen Sie Frau Müller!

 

Wenn Sie Frau Müller gefunden haben, werden Sie in ihrer Unternehmung Werte generieren und sie wird bereit sein, Sie zu bezahlen. Sie kann Ihnen auch finanzielle Ressourcen zur Verfügung stellen (z. B. Beteiligungskapital an einem Spin-In), um ihr Problem zu lösen. Als Konsequenz daraus verdienen Sie Geld und Sie haben einen Beruf, den Sie lieben, weil Ihr Problemlösungsansatz mit dem Problem von Frau Müller besonders gut übereinstimmt. 

 

Um das Problem von Frau Müller zu lösen, braucht man eine formale Ausbildung. Ja, bestimmt, aber der Ausgangspunkt der formalen Ausbildung muss ein Problem sein und nicht die formale Ausbildung der Ausgangspunkt des Problems um Arbeit zu finden. Es ist „push“ versus „pull“. Es scheint so, als ob das heutige Ausbildungssystem weiterhin dem Push-Modell folgt: Bringe so viele Studierende wie möglich auf den Arbeitsmarkt, ohne darauf zu achten, welche Fähigkeiten tatsächlich gebraucht werden. Diese „Produktionsweise“ nennt sich Taylorismus und wurde in der Industrie seit den 80er Jahren durch die Pull-Produktion ersetzt. Den Anfang machte die Toyota Motor Corporation (Liker, 2004). Toyota revolutionierte so auf eine beeindruckende Weise den Automobilmarkt und später auch andere Industrien. Heute ist Toyota die Nummer eins in der Automobilbranche. „Pull“ ist effektiver und effizienter als „Push“!

 

b) Rüsten Sie sich mit Ressourcen aus

Lassen Sie mich diesen Punkt mit meiner eigenen Erfahrung illustrieren. Ich arbeitete einmal mit einem jungen BWL-Studenten an einem Projekt für einen grossen Automobilproduzenten (nicht Toyota, aber die Unternehmung imitierte viele Aspekte des Toyota-Systems). Es gab Prozessstörungen. Die Kosten der Prozessstörungen waren als Einzelereignisse vernachlässigbar. Aber die akkumulierten Ereignisse verbrauchten unnötig Zeit für die Belegschaft und führten auch zu unterschwelligem Frust. Die Wahrnehmung ist in diesen Situationen wichtiger als die Realität und die Unternehmung war nicht willens, entscheidende Ressourcen auf dieses Problem zu allokieren. Der Student fand in der frühen Projektphase heraus, dass die Prozessstörungen darauf basierten, dass die konzipierte Software nicht auf die Bedürfnisse der Belegschaft ausgerichtet war (Push!). Weder der Student noch ich hatten die nötige Informatikausbildung, um das Problem zu beheben. Der Student vertiefte sich mit Überzeit und Wochenenden in die Software, indem er mit Unterstützung entsprechender MOOCs das nötige Wissen aufbaute. Ebenso beteiligte er sich bei einigen Foren im Internet und crowdsourcte die Lösung des Problems. So ausgerüstet, verbesserte er den Code der Software. Der Grossteil der Prozessstörungen hörte auf und die Firma erkannte das Ausmass der versteckten Kosten. Der Student erhielt eine ganze Reihe von Karrieremöglichkeiten bei der Unternehmung.

Dieses Argument steht im Widerspruch zum Argument von Adam Smith (Smith, 1909), weil die Idee der Arbeitsteilung damit in Frage gestellt wird. Aus der Perspektive der Arbeitsteilung lag das Problem in der Verantwortung der IT-Leute. Aber es verdeutlicht, dass wir einen Schritt in eine futuristische Welt gemacht haben, welche im Science-Fiction-Film „The Matrix“ illustriert wurde. Trinity, die Protagonistin, musste im Film einen Helikopter fliegen. Sie lud die entsprechenden Kenntnisse direkt in ihr Gehirn hoch. Ihre neuen Fähigkeiten erlaubtes es ihr ein paar Sekunden später, die bösen Jungs zu töten. Dabei tötete sie auch Smith’s Konzept der Arbeitsteilung. 

Vid. 1: Die Arbeitsteilung ist tot. 

 

c) Skalieren Sie die Dienstleistung oder das Produkt mit ICT

Der letzte Schritt ist der schwierigste. Bis anhin sind Sie fähig, ein Bedürfniss zu stillen und sich mit den nötigen Fähigkeiten und virtuellen Netzwerken auszurüsten. Aber Sie befinden sich in einer ähnlichen Situation wie der arme Strassenmusiker und arbeiten viele Stunden.  Wie können Sie Ihre Fähigkeiten so skalieren, dass Ihre Handlungen in mehr als nur einer Organisation wirksam werden?

Die Antwort auf diese Frage ist kurz: Das ist ein Grund, weshalb ich mich für BeeUp engagiert habe und die Plattform auf www.beeup.com ins Leben gerufen habe. Meine Vision ist, dass BeeUp-Nutzer ihre Fähigkeiten nicht nur selbstorientiert und  problemorientiert entwickeln können sollen, sondern diese auch bei bestehenden Organisation anwenden können sollen, und durch den vorhandenen Feedback-Mechanismus arbeitsmarktrelevante Fähigkeiten und Netzwerke entwickeln können sollen. Haben Sie das Problem von Frau Müller gelöst? Dann wenden Sie nun Ihr Wissen auf das Problem von Herrn Bäcker an. Dort können Sie Ihr erlerntes Wissen und Ihr Netzwerk skalieren. So machen Sie noch mehr Erfahrungen und erweitern Ihr Netzwerk. Sie brauchen nur die richtigen Fähigkeiten und sie müssen die richtigen Leute kennen, damit die Umsetzung funktioniert. Wenn Sie das einmal erreicht haben und eine Vision nach der anderen umgesetzt haben, dann werden Sie eine Menge zu tun haben. Und das, was Sie tun werden, werden Sie mit Leidenschaft machen und andere werden Sie für das, was Sie tun, wertschätzen und Sie entsprechend bezahlen. Und sollten Sie eines Tages feststellen, dass Sie genug gearbeitet haben und mit Freude Ihr Werk betrachten, dann geben Sie es anderen weiter: Ein verstecktes Talent wartet in der Crowd, welches zu Ihnen passt und welches Sie weiterentwickeln können. Die nächste Generation wird das fortsetzen, was Sie begonnen haben. 

  

Wie wird sich der Arbeitsmarkt entwickeln?

Der Arbeitsmarkt der Steinzeit war einfach: Entweder ging man Jagen oder Sammeln und der Rest des Tages war Freizeit. Heute sind die Arbeitsmärkte anders: Viele sind gestresst, weil sie entweder nicht wie gewünscht am Arbeitsmarkt partizipieren (oder gar nicht partizipieren), während andere Überstunden leisten. Die Lösung für beide Gruppen ist einfach: Diejenigen, welche zu viel zu tun haben, sollten es an die Crowd geben und dort ihre zukünftigen Partner finden. Das Matching verspricht optimal zu sein, wenn das Problem des Insiders auf die Problemlösung des Outsiders optimal passt. Daher ein Rezept für jene, welche nicht arbeiten: Lösen Sie die Probleme ohne finanzielle Kompensation, Sie erhalten dafür marktrelevantes Wissen und wertvolle Kontakte. Mit ICT ist heutzutage beides günstiger: Sowohl das Wissen als auch die Kontakte. 

Auf diese Weise profitieren beide: Sowohl diejenigen, die viel arbeiten als auch jene, welche zurzeit nicht arbeiten oder sich im falschen Beruf befinden. Heutzutage und in der Zukunft wird die nächste Stelle nicht davon abhängen, ob Sie jenen oder diesen Schein vorweisen können, sondern ob Sie fähig sind ein Problem zu lösen und die nötigen Menschen für die Problemlösung organisieren können. Das ist die neue Aufteilung auf dem Arbeitsmarkt. Nicht zwischen den Berufen wird in Zukunft unterschieden, sondern zwischen Menschen, die problemorientiert ihre Fähigkeiten und Netzwerke aufbauen und zwischen denen, die es eben nicht tun. Diejenigen, welche das erste Rezept anwenden, haben Superstar-Potential. Jene aber, die in ihren von der Ausbildung vorgegebenen formalen Einschränkungen verbleiben, sollen sich nicht wundern, wenn sie dazu beitragen, die durchschnittlichen Arbeitszeiten zurück in die Steinzeit zu katapultieren.

 

Mit BeeUp wollen wir allen die Türe für den Arbeitsmarkt öffnen – unabhängig vom Stand, Beruf, Nationalität oder Wohnort. Einzig die Problemlösungsfähigkeiten eines Menschen,  seine Eigenmotivation und Ausdauer sind entscheidend. 

 

Um zukünftig am Arbeitsmarkt erfolgreich zu partizipieren, müssen Sie dem folgenden „Rezept“ folgen:

1. ) Arbeiten Sie problemorientiert. Fragen Sie nach, wenn Sie ein Problem nicht verstehen. Wer fragt, der führt. Haben Sie den Mut dazu. Sie werden eine Menge von Problemen auf der BeeUp Seite finden.

2.) Rüsten Sie sich mit den nötigen Fähigkeiten und Netzwerken aus, welche das Problem lösen können. Beides ist in der heutigen Welt von Online-Kursen, Foren und sozialen Netzwerken günstiger als früher. 

3.) Nehmen Sie als Nutzer bei BeeUp teil. Skalieren Sie Ihre Fähigkeiten. Entwickeln Sie Ihr Know-How und Netzwerk problemorientiert. Mit der Zeit werden Sie Ihre Probleme mit anderen teilen. 

 

Bitte registrieren Sie sich unter: 

http://www.beeup.com/register 

 

Literatur

Brynjolfsson, E., & McAfee, A. (2014). The Second Machine Age. New York: W.W. Norton & Company.

Liker, J. (2004). The Toyota Way: 14 Management Principles from the World’s Greatest Manufacturer. New York: McGraw-Hill.

Rosen, S. (1981). The Economics of Superstars. The American Economic Review, 71(5), 845–858.

Sahlins, M. (1974). Stone Age Economics. New York and London: Routledge.

 

Smith, A. (1909). An inquiry into the nature and causes of the wealth of nations. New York: Collier & Son.

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